Mittelland

Schlosspark Oberhofen

Schlosspark Oberhofen
Oberhofen/ BE

Was Romantiker entzückt

Ein markanter Burgfried aus dem frühen 13. Jahrhundert spiegelt sich im Wasser des Sees, dahinter die Kulisse der Berner Alpen. Dazwischen dieser raffiniert angelegte und sorgfältig gepflegte Park, der in der Alpenregion zu den exklusiven Schöpfungen des 19. Jahrhunderts gehört. Und er steht gut da im Kontext weiterer Landschaftspärke der Region: Gwatt, Schadau, Chartreuse, Eichbühl und Hünegg. All diese Anlagen gehen auf das Engagement von zwei verschwägerten neuenburgisch-preussischen Familien zurück: de Rougemont und de Pourtalès.

 

Format

Was zeichnet diesen Schlosspark aus? Markante Baumgruppen, exotische Gehölze und farbenprächtige Blumenparterres sowie ein origineller Laubengang. Die Bäume sind bezeichnet und auf Tafeln mit ausführlichen, auch für Laien interessanten Informationen versehen. Geschwungene Wege, Sitzecken und ein Seeuferweg mit Blick auf die Alpen verführen zum anregenden Müssiggang.

Der einstige Landvogteisitz Oberhofen erlebte zahlreiche Besitzerwechsel, bis Graf Albert de Pourtalès 1844 das Schlossgut erwarb und nach seinen Vorstellungen gestalten liess. Der Graf selbst war damals als preussischer Diplomat in Istanbul tätig, so dass sein Vater Frédérik die Geschäfte am Thunersee führte. Um 1850 wurde der ehemalige Obstgarten in einen Landschaftspark mit einem grossen geschwungenen Rundweg umgewandelt. An drei Seiten des Schlosses liess der Hausherr, in Anlehnung an die barocke Gartenkunst des 17. Jahrhunderts, geometrische Schmuckbeete angelegen. Später kamen noch ein Gärtnerhaus, ein Geflügelhaus, eine Orangerie sowie ein Kinderchalet hinzu.

1925 kaufte der amerikanische Anwalt William Maul Measey das Schloss mit dem gesamten Anwesen und entwickelte den Park weiter. Er pflanzte Koniferen, die mit der Zeit zu einer beachtlichen Sammlung anwuchs. Er legte die Buchsbaumlaube im Schlossgarten an und liess den Tuffsteinbrunnen an der Hangflanke errichten. Zudem liess er das Blumenbeet in Form eines Schweizerkreuzes anlegen, das bis heute jedes Jahr neu bepflanzt wird. Seit 1940 ist der Park öffentlich und wird als frühe Spielart des Historismus am Thunersee gepflegt.

Schon früh wurde der Park Oberhofen zu einem Magnet für den boomenden Fremdenverkehr, der seit dem frühen 19. Jahrhundert das Berner Oberland erfasste. Die Berge, Schlösser und vor allem der Thunersee zogen Adlige, Künstler und Abendteurer an. Zahlreiche Prominente liessen sich von der imposanten Kulisse inspirieren. Und wozu? Nun, sie schrieben Gedichte, aquarellierten und malten, komponierten Opern, machten ausgedehnte Spaziergänge oder eine Fahrt mit dem Schiff und erholten ihre empfindsamen Seelen. Der erste Weltkrieg setzte dieser glamourösen Zeit dann ein Ende.

Besonderheiten

Ein Besuch im Park beginnt beim Schloss. Dessen Bauweise entspricht dem Zeitgeist der 1840er Jahre und bietet eine Variante der Neugotik. Durch andere eingefügte Gebäude im Park kamen weitere Stilformen hinzu. Ursprünglich waren diese gar nicht beabsichtigt, sondern wurden erst später realisiert und reihen sich daher, entgegen der sonst üblichen Inszenierung von Gartenbauten, unspektakulär in der zeitlichen Folge ihrer Entstehungszeit aneinander. So das Kinderchalet im Stil des Berner Oberlandes, das Gärtnerhaus in Riegelbauweise, die Orangerie in einem lebhaften Farbwechsel von rotem Backstein und grünlichem Sandstein. Die einen sehen darin einen bedeutenden bernischen Vertreter des Stilpluralismus im Landschaftsgarten, andere lediglich einen Gemischtwarenladen.

Allerdings ist die Pergola am Südende des Parks dann doch recht originell. Ihre erhöhte Plattform bietet einen hervorragenden Blick auf das Alpenpanorama. Und die eigenwillige, zweistöckige Konstruktion auf steinernem Sockel soll angeblich an die Pergola des römischen Badehauses in Sanssouci erinnern.

Doch vor allem besticht die Anlage durch ihren grossartigen landschaftlichen Charakter und die gelungene Gehölzauswahl. So entstand eine schöne Balance zwischen der Offenheit gegenüber den Alpen und einer Intimität durch Bepflanzung. Der See ist natürlicher Bestandteil der gross angelegten Komposition und lässt den Park beinahe grenzenlos erscheinen.

Koniferensammlung

Daneben beeindruckt die Koniferensammlung und macht zugleich anschaulich, was die Romantiker des 19. Jahrhunderts entzückt hat. Es sind die zahlreichen aussereuropäischen Nadelbäume, die dem Park durch ihren malerischen Wuchs ein besonderes Ambiente verleihen. Bereits im Schlossgraben stösst man auf eine japanische Sicheltanne, am Parkeingang auf einen mächtigen Mammutbaum und neben dem Kinderchalet auf eine stattliche Libanonzeder, die trotz der Schäden des grossen Sturms von 1999 immer noch eine gute Figur macht. Der Rundweg führt vorbei an einer vielfach verzweigten Tränenkiefer, an einer beeindruckenden Morindafichte, an alten Eiben und Scheinzypressen, Zwergkiefern, Wacholder und anderen Sorten.

In diesem Zusammenhang darf man sich erinnern, welch künstlerische Wertschätzung die Koniferen in der Zeit des Landschaftsgartens bis ins 20. Jahrhundert besassen. Den Besitzern der Landgüter gereichte es zur Ehre, wenn sie auf eine Sammlung seltener Nadelbäume verweisen konnten. Viele von ihnen wurden unter grossem Aufwand von der Westküste der USA, aus den Weiten Russlands und dem Fernen Osten nach Europa verschifft. Koniferen waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert derart en vogue, dass es beinahe verpönt war, noch Laubbäume zu pflanzen. Als kleiner Kontrapunkt mag daher der Buchenlaubengang im unteren Teil des Parks angesehen werden. Nach wie vor übt er eine magische Anziehungskraft aus, so dass Besucher gern hindurchflanieren. Auch Liebespaare und Brautpaare zur Hochzeit wandeln gern durch diesen Gang und finden dabei ihre je eigene Symbolik. Und alle gehen weiter mit dem Eindruck, im Park Oberhofen einen Hauch von heiler Welt oder entrücktem Paradies erlebt zu haben.

Wem dann nach einer Fortsetzung gelegen ist, der findet im Schloss selbst romantische Impressionen. In diesem originellen Wohnmuseum werden unterschiedlichste Räume präsentiert – vom eleganten Sommersaal über das neugotische Speisezimmer, vom Rittersaal ins Musikzimmer, bis hin zu den Räumen der Gouvernante und dem in luftiger Höhe gelegenen türkischen Rauchsalon.

Adresse

3653 Oberhofen / Schloss Oberhofen
Öffnungszeiten: Ende März – Oktober täglich ab 9 Uhr, abends je nach Saison.
Eintritt: Schlosspark gratis, Schlossgarten und Schloss kostenpflichtig