Zürich

Rieterpark

Rieterpark
Zürich/ ZH

Weite & Eleganz

Von der Seestrasse bieten sich zwei Zugänge an: beim Bonsai-Atelier, oder gegenüber dem Belvoir-Park. In jedem Fall geht es bergauf, bevor man die grosszügigen Flächen mit den eindrucksvollen Sichtachsen erreicht. Sodann präsentiert sich der Park in einem entspannten Landschaftsstil, der wie von selbst ein besinnliches Gehen fördert. Dabei lässt sich gut in Gedanken verweilen oder mit jemandem im Gespräch bleiben. Man ahnt auch, was für ein eleganter Ort dies gewesen sein muss, bevor 1999 der Sturm Lothar hier viele der schönsten und mächtigsten Bäume gebrochen hat. Und beim Blick auf die Villa kann sich die Fantasie leicht ausmalen, wie glanzvoll die früheren Besitzer hier in privater Abgeschiedenheit gelebt haben. Erst seit 1945 ist der Rieterpark in Stadtbesitz und der Öffentlichkeit zugänglich.

 

Prominente Bewohner

Ursprünglich handelte es sich bei diesem Anwesen um einen mit Reben bewachsenen Höhenzug. 1851 hatte der in Zürich ansässige deutsche Seidenindustrielle Otto Wesendonck das Grundstück erworben. 1854 beauftragte er den Zürcher Architekten Leonard Zeugherr und den aus Thüringen stammenden Kunstgärtner Theodor Froebel mit dem Entwurf einer Villa mit Park. Der frühe Gestaltungsplan Froebels umfasste etwa ein Drittel der heutigen Parkfläche, brachte aber schon sehr klar die typischen Elemente des landschaftlich geprägten Villengartens zu Geltung: eine spannungsreiche Topografie, ein Netz geschwungener Wege, einige den Blick lenkende Gehölzgruppen sowie einen grosszügigen Pleasureground und die nach Süden ausgerichtete Hauptachse mit dem Blick bis zu den Glarner Alpen.

1857 zog die Familie Wesendonck in ihre prachtvolle Villa ein. Im gleichen Jahr war Richard Wagner mit gefälschten Papieren nach Zürich geflohen und mit seiner Frau Minna in ein benachbartes Gartenhaus gezogen. Als grosszügige Förderer der Kunst machten die Wesendoncks ihre Villa auf dem „Grünen Hügel“, so die damalige Bezeichnung, zu einem kulturellen und gesellschaftlichen Zentrum Zürichs. Wagner hatte in Otto Wesendonck einen Mäzen und in dessen Frau Mathilde eine Muse gefunden. Er gab in Zürich Konzerte, schrieb an «Tristan und Isolde» und begann bald eine Affäre mit Mathilde Wesendonck. 1858 verliess Wagner Zürich und zog nach Venedig. Allerdings nahm er die Bezeichnung „Der grüne Hügel“ mit und übertrug sie später auf das Gelände seines Festspielhauses in Bayreuth.

Aus Ärger über die aufkommende Deutschfeindlichkeit verliess 1871 auch Wesendonk Zürich und verkaufte die Villa samt Park an den Winterthurer Baumwoll-Industriellen Adolph Rieter. Der neue Besitzer konnte das Grundstück durch Landkäufe erweitern und ergänzte das Ensemble in den 1880er Jahren um zwei als Witwensitze konzipierte Villen: die Parkvilla und die Villa Schönberg. Beide Villen erhielten eigene Gartenanlagen. Der grosse Park blieb weiterhin nur der Familie und ihren Gästen vorbehalten. Zu diesen gehörte im September 1912 auch der deutsche Kaiser, der mit seiner Entourage für drei Tage das gesamte Anwesen bewohnte und der Stadt Zürich einen gesellschaftlichen Höhepunkt lieferte.

Akzente

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges boten die Rieter-Erben Villa und Park der Stadt Zürich für knapp 3 Millionen Franken zum Kauf an. Das Volk stimmte der Vorlage zu und die Stadt machte den Park öffentlich zugänglich. Nach einer zweiten Volksabstimmung 1949 konnte die Villa umgebaut und 1952 als Museum für aussereuropäische Kunst eröffnet werden.

Gestalterisch hat der Park wenig Eingriffe oder Veränderungen erfahren. Die erste Fassung von Froebel existierte zwar nur wenige Jahre, doch die Grundidee ist bis heute erhalten geblieben: Eine langgezogene, nach Süden orientierte Hauptachse, die von der Villa her sanft über die natürliche Hügelkuppe ansteigt. Flankiert wird das Ganze von beinahe kulissenartig angeordneten Nadel- und Laubbaumgruppen sowie einem dezent angelegten Rundweg.

Den optischen Endpunkt der Hauptachse bildet eine mit Buchen umstandene Kanzel mit einem imposanten Blick auf den Zürichsee und die Glarner Alpen, was den Eindruck grosszügiger Weite nochmals verstärkt. Die fein modellierten Rasenflächen, auch im unteren Teil des Parks, fügen eine elegante Note hinzu. Und einige Bäume stammen noch aus der Zeit Wesendoncks, sind also 170 Jahre alt.
Froebel hatte seine Akzente zu Beginn mit seltenen Baumarten gesetzt, darunter vielen Nadelbäumen, die im Laufe des 20. Jahrhunderts teilweise durch langlebigere Buchen ersetzt wurden. Als 1999 der Orkan Lothar rund 50 alte Solitärbäume gefällt hatte, begann man bei der Neuanpflanzung wieder vermehrt Nadelbäume zu setzen. So hat das Froebelsche Wechselspiel von Nadel- und Laubbäumen von Neuem begonnen.

Der Rieterpark gilt als Zürichs schönster Stadtpark. Die weite Eleganz verdankt sich auch dem Umstand, dass bei der Gestaltung auf die damals beliebten antikisierenden Architekturstaffagen und andere extravagante Ausstattung verzichtet wurde. Lediglich ein schon vorhandenes Rebhäuschen wurde in die Anlage integriert. Einige Skulpturen setzen weitere Akzente. Neben einer Wagnerbüste (1885) und eine Wagnerstele (1954) findet sich der „Jüngling mit Habicht“ (1934) von Werner Friedrich Kunz. Hinzu kommt die Plastik des sitzenden Denkers von einem unbekannten Künstler sowie im unteren Teil der „Kalbträger“ (1928) von Alice Boner, die dieses Motiv aus Marokko mitgebracht hatte. 2007 kam der Erweiterungsbau des Museums Rietberg hinzu. Obwohl der Bau unterirdisch erfolgte und oberirdisch lediglich als filigraner Glaskörper „Smaragd“, vis-à-vis des Haupteingangs in Erscheinung tritt, setzt er einen zeitgemässen und weiteren eleganten Akzent.

Adresse

8002 Zürich / ZH, Gablerstrasse 15
Öffnungszeiten: frei zugänglich / Eintritt frei