Tessin

Brissago-Inseln

Park Brissago-Inseln
Isole di Brissago/ TI

Schauplätze zwischen subtropischen Gewächsen

Es ist der alte und doch immer wieder neue Reiz, auf eine Insel überzusetzen. Auch wenn die Überfahrt nur 15 Minuten dauert, sind das Besteigen des Schiffes, Ablegen, Überfahrt und Ankommen ein kleiner rite de passage vom Alltag zum Aussergewöhnlichen, vom Festland zum Eiland. Dort raschelt der Wind im Bambushain und fremdartige Blütendüfte betören den Besucher. Keine Autos, keine Eile, nur üppige Vegetation und anmutige Ausblicke.

Exotischer Garten

Die Brissago-Inseln bilden den Botanischen Garten des Kantons Tessins. Die kleinere Insel wird in ihrem natürlichen Zustand belassen. Die Isola Grande hingegen wurde zu einem exotischen Garten. Rund 1’700 Pflanzenarten aus dem Mittelmeerraum, den Subtropen Asiens, Südafrikas, Amerikas und Ozeaniens wurden hier angesiedelt. Die ganze Insel ein Park, oder der ganze Park eine Insel. Man kann gar nicht anders, als einen Rundgang zu beginnen.

Seitz 1950 steht die Insel dem Publikum offen. Die Gewächse sind nach ihrer Herkunft gruppiert und in die Sektoren Mittelmeer, Südafrika, Amerika, Ferner Osten, Australien und Neuseeland eingeteilt. Da gibt es zum Beispiel den Erdbeerbaum und Zistrosen, verschiedene Eichen, Pinien, Azaleen, sowie Bambus und Ginkgo … Hinzu kommen verschiedenste Myrtengewächse, riesige Eukalyptus- und Eisenholzbäume …

Schon seit der Römerzeit waren die Inseln besiedelt. Im Mittelalter standen dort zwei Kirchen und ab 1214 hatten die Angehörigen des christlichen Humiliaten-Ordens hier ihren Sitz. Im 16. Jahrhundert löste der Kardinal den Orden auf und die Inseln blieben die meiste Zeit unbewohnt und dienten als Jagdrevier. Um 1875 sollte hier eine Dynamitfabrik errichtet werden, die das Nitroglycerin für den Bau des Gotthardtunnels liefern sollte. Es kam jedoch nur zu Vorarbeiten.

1885 besuchte die exzentrische russische Baronin Antoinette de Saint Léger die Brissago-Inseln und erwarb sie schliesslich für 25’000 Franken. Hier wollte sie ihren Garten Eden bauen und legte sich dafür mächtig ins Zeug. Zunächst mussten die Strukturen geschaffen werden, um den gewünschten englischen Landschaftspark mit szenischen Effekten modellieren zu können. So wurde, um den Boden zu verbessern, von beiden Ufern des Sees Erde und Mist herangeführt.

Die Baronin pflanzte subtropische Gewächse, die sie dank ihrer internationalen Kontakte aus den hintersten Winkeln der Welt herbeischaffen liess und komponierte den Park nach ästhetischen Kriterien. So entstand ein reich gestalteter Rundweg, der zunächst nach Norden und dann in weitem Bogen nach Süden führte. Zunehmend kamen auch Künstler und schillernde Bohemiens auf Besuch, so dass die Baronin auf der Insel Partys mit James Joyce, Rainer Maria Rilke und anderen Promis der Epoche feiern konnte. Nach einigen Jahren wurde sie von ihrem Mann verlassen und geriet nach dem Ersten Weltkrieg in finanzielle Schwierigkeiten. 1927 hat sie die Insel an den Hamburger Geschäftsmann Max Emden, der unter anderem Besitzer des Berliner KaDeWe war, verkauft.

Dieser baute sich eine Villa im klassizistischen Stil mit dreissig Zimmern, einem römischem Bad und Hafen und erweiterte den Park mit weiteren exotischen Pflanzen. Er vergrösserte die Alleen und errichtete ein Belvedere, und soll im Übrigen hier ein recht mondänes Leben, umgeben von seiner Kunstsammlung und schönen jungen Damen geführt haben. Nach seinem Tod im Jahr 1940 blieben die Inseln zunächst sich selbst überlassen, bis der Kanton Tessin und mehrere umliegende Gemeinden sie erwarben. 1950 wurde der Botanische Garten eingeweiht und für das Publikum geöffnet.

Üppige Vielfalt

Wer sich für den Rundgang Zeit nimmt, wird mit ungewohnten Entdeckungen belohnt, schliesslich gedeihen hier tausende Gewächse aus fünf Kontinenten. Es wäre müssig, sie aufzählen zu wollen. Als Appetizer nur soviel: Aus dem fernen Osten stammen Azaleen, japanische Hanfpalmen, Kamelien, Ginkgo … In der Region Südafrika überraschen Gazania, Watsonia, Protea, Honigglockenbusch, Löwenschweif … Mittelamerika bietet Sumpfzypressen, Agaven, den Amberbaum, Yucca … Aus Australien kommen riesige Eukalyptusbäume, Akazien, Keulenlilie, Besenheide … Und der Mittelmeerraum steuert Dattelpalmen, Steineichen, Pinien und den Erdbeerbaum bei. Neben einer langen Tessiner Pergola und einem nachgebauten Römischen Bad lassen sich beim Schlendern weitere Aussichtspunkte, diverse Szenarien und schöne Orte entdecken.

Vieles davon ist beschriftet. Diese botanische Bildungsvermittlung ist natürlich verdienstvoll, allerdings können all die Tafeln und Bezeichnungen gelegentlich auch stören und die Freude an einem lediglich intuitiven und ambitionslosen Park-Bummel trüben.

Die Pflanzenvielfalt verdankt sich dem speziellen Mikroklima innerhalb des insubrischen Tessiner Klimas. Das bedeutet: Im Winter fallen die Temperaturen nur an wenigen Tagen unter null Grad, die Sonnenbestrahlung ist optimal, und im Frühling und Herbst fällt viel Regen. Das Wasser des Lago Maggiore speichert im Sommer Wärme und strahlt diese im Winter ab. Gleichzeitig sind die Inseln durch die Alpenkette geschützt und mit viel Sonnenschein gesegnet. Es gibt also kaum Frosttage. So kommt ein Klima mit subtropischen Effekten zustande.

 

Adresse

6614 Isole di Brissago/ TI
Die Insel ist nur per Schiff zu erreichen (von Locarno, Ascona, Porto Ronco, Brissago u.a. Anlegeorten. Auch Verbindungen nach Italien). Öffnungszeiten: Ende März – Ende Oktober täglich 9-18 Uhr.
Eintritt: kostenpflichtig