Nordwestschweiz

Boveri

Park Boveri
Baden / AG

Terrassierter Barock & englische Landschaft

Dieser Park überrascht – zum einen durch seine Vielgestaltigkeit, zum anderen durch eine herausragende Pflege. Direkt nebeneinander finden sich zwei prägende Stile der europäischen Parkgestaltung: der formale Barockgarten und der englische Landschaftspark – eine für die Schweiz seltene Kombination. Der neubarocke Garten erstreckt sich über vier Terrassen. Der Landschaftspark präsentiert einen vorzüglich erhaltenen, raumbildenden Baumbestand, der weithin noch aus der Entstehungszeit stammt.

Bauherr war der 1865 in Bamberg geborene Walter Boveri. Er kam 1885 als Ingenieur zur Maschinenfabrik Oerlikon und wurde mit Charles Lancelot Brown zum Firmengründer der heutigen ABB (ehemals BBC: Brown Boveri & Cie). Ende des 19. Jahrhunderts (1896/97) liess Boveri die Villa bauen und den Park anlegen. Für die Villa beauftragte er die Architekten Karl Moser und Robert Curjel, für den Park konnte er den damals populären belgischen Landschaftsarchitekten Evariste Mertens gewinnen.

1908 wurde der Park, dem neuen Zeitgeschmack folgend, mit einem neobarocken Teil ergänzt, den der Münchner Architekt Carl Sattler entworfen hatte. Ausgehend von einem Gartensaal führt die Anlage mit geometrisch geschnittenen Hecken, Brunnen, und Wasserspielen zur Limmat hinunter. Den unteren Abschluss markiert eine Platanenallee. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde die Anlage mit einer Reihe von Nebenbauten ergänzt (ein Ökonomiegebäude, eine Badehalle mit Schwimmbassin, Tennisplatz und Reithalle). Diese Nebenbauten wurden in den letzten Jahrzehnten beseitigt, lediglich Gartensaal und Badehalle blieben erhalten.

Entdeckungen

Der Besucher betritt den Park durch ein herrschaftliches Eisentor beim Ländliweg. Dieser älteste Teil des Anwesens wird links von einer mächtigen Trauerbuche dominiert, deren herabhängende Äste den Boden berühren. Man läuft rechts neben der Villa auf eine Terrasse zu, von der aus sich der Park ideal überschauen lässt. Mit einer grossen Rasenfläche, kulissenartig gestaffelten Gehölzen und Staudengruppen sowie einem verschlungenen Wegenetz erscheint der Park als meisterlich komponiertes Landschaftsgemälde.

Von der Terrasse, auf der links die Marmor-Skulptur „Salambo“ von Paul Eugène Breton grüsst, gelangt man über einige Stufen hinab und bewegt sich auf Kieswegen im leicht abfallenden Gelände zwischen Baumgruppen und Staudenrabatten, welche so angelegt sind, dass sie raffinierte Nischen und Sichtachsen schaffen. Eine Vielfalt von üppigen Gehölzen wurde kulissenartig gestaffelt und prägt die jeweiligen Bereiche. Im Vordergrund wurden etwa eine Hängebuche, eine blaue Atlaszeder und eine Scheinzypresse gepflanzt. Der eher schattige Teil hingegen wird von Birken und Rottannen geprägt. Eiben und andere Gehölze verdecken die Grenzen der Anlage nach aussen.

Am unteren Ende angelangt, kann man auf Treppen ganz hinab zum Wasser der Limmat steigen, oder links abbiegen um zur neoklassischen Badehalle zu gelangen, die mit ihrer Jünglingsstatue geradezu magisch anzieht. Hier sollte wohl mit nachempfundener klassisch-griechischer Architektur, inklusive kannelierter dorischer Säulen, idealisierte Landschaft inszeniert werden. Davor lag das Schwimmbassin, welches später aufgefüllt und eingeebnet wurde. Dadurch konnte ein grosszügig überdeckter Sitzplatz entstehen, der heute für unterschiedliche Veranstaltungen genutzt wird.

 

Von dort lässt sich durch eine Platanenallee der neubarocke Teil des Parks erreichen. Rechts wurde eine kleine Aussichtskanzel mit Blick über den Fluss zum gegenüberliegenden Kraftwerk Aue angelegt. Linker Hand führt eine Längsachse über diverse Terrassen hinauf zum Gebäude mit dem Gartensaal. Gestalterisch bietet sich hier ein neues Bild: klare Strukturen und geometrische Strenge, wie in den barocken Anlagen üblich. Als Gestaltungsmittel wurden geschnittene Hecken, Brunnen, Wasserspiele und allegorische Skulpturengruppen eingesetzt.

Die Querachse wird von Winterlinden sowie einem Rondell mit Figuren markiert, welche symbolisch die vier Jahreszeiten verkörpern (geschaffen von Carl Eppinghaus). Auf der höher gelegenen Terrasse beherrschen über hundertjährige Buchskugeln das Parterre sowie eine Sonnenuhr und eine grosse Amphore. Rechts und links finden sich symmetrisch angeordnete Wasserspiele, dazwischen eine Mitteltreppe, die zur nächsten Terrasse mit Springbrunnen führt. Zum obersten Plateau mit Gartensaal führen wiederum zwei symmetrisch angeordnete Treppen, deren Handläufe mit hübschen Gärtnerputten (mit Garbe beziehungsweise Früchtekorb) des Bildhauers Adolf von Hildebrand ausgestattet sind.

Wasserspiele

Das Gebäude des Gartensaals war als Musikpavillon konzipiert. Architektur und Park sollten miteinander korrespondieren und als Einheit gelesen werden. Von hier oben bietet sich denn auch der wohl schönste Blick über den barocken Teil des Parks mit seinen kaskadenartig abfallenden Terrassen. Von hier aus erschliesst sich auch der praktische Sinn der klug angelegten Wasserspiele, die jeweils mit dem Wasser des oberen Brunnes gespeist werden. Auf diese Weise konnte es sich auf der langen Wegstrecke erwärmen, bevor es schliesslich ins Schwimmbassin gelangte.

Park und Villa stellen mit all ihren facettenreichen Elementen ein Gesamtkunstwerk dar, welches zu den schönsten Ensembles der Schweiz gehört und seit 1994 unter Denkmalsschutz steht. Beeindruckend ist vor allem der alte Baumbestand, der den Besucher in eine andere Zeit versetzt und dementsprechend sorgfältig gepflegt wird. So werden, wenn Gehölze altershalber ersetzt werden müssen, vom bestehenden Baum Stecklinge genommen und in der Baumschule grossgezogen. Damit lässt sich hoffentlich auf lange Zeit ein identischer Baumersatz für den Park sichern.

 

Adresse

5400 Baden/ AG, Ländliweg 5
Öffnungszeiten: täglich 7-21 Uhr
Eintritt frei