Mittelland

Bally-Park

Bally-Park
Schönenwerd/ SO

Weiherlandschaft & Pfahlbauten

Schmal und lang liegt der Bally-Park zwischen Aarelauf und Bahnlinie. Ende des 19. Jahrhunderts wurde er angelegt und repräsentiert ein Stück Schweizer Industriegeschichte. Und das kam so: Der Schuhfabrikant Carl Franz Bally begann 1868 das sumpfige Land bei Schönenwerd zu meliorieren. Auf dem gewonnenen Land baute er einen Gewerbekanal, der dem Antrieb des firmeneigenen Kraftwerks diente. Zwischen diesem Kanal und der Bahnlinie liess Bally einen Park anlegen, in dem sich seine Arbeiterschaft erholen sollte. Und so war eine Industrielandschaft entstanden, wie sie im späten 19. Jahrhundert als modern und sozial galt: Fabrikhallen, Fabrikantenvilla, Arbeiterhäuser, Kosthaus und ein Park als Erholungsraum.

 

Der Bestand

Der Park wurde damals als weich modellierte Landschaft mit Teichen und einem unregelmässig geschwungenen Wegnetz angelegt sowie mit gestaffelten Baum- und Strauchgruppen bepflanzt. Zudem gab es künstlich angelegte Felsformationen und einige hineinkomponierte Miniaturarchitekturen, zum Beispiel eine Burg oder eine Waldkapelle, die später allerdings wieder abgebrochen wurden. Mit solchen Stilmitteln gedachte man damals eine „harmonische Naturlandschaft“ arrangieren zu können.

Im Zuge der Aare-Korrektur (1888-1890) konnte der Park erweitert werden und erhielt seine heutige Form. Zu den prägenden Elementen gehören nun die Weiher, geschwungene Wege und diverse Gartenarchitekturen (Pavillon, Grotte, die Imitation eines Pfahlbaudorfes und ein alter aus Gränichen stammender Speicher). Erwähnenswert sind darüber hinaus einige exotische Pflanzen, welche die Familie Bally von ihren Reisen mitbrachte.

Immer wieder erfolgten diverse Eingriffe, welche die Anlage veränderte. 1917 verlor das firmeneigene Kraftwerk seine Bedeutung, so dass der Kanal stillgelegt wurde und sich von einem fliessenden Gewässer zu einem lang gezogenen Teich wandelte. 1919 erstellte der Architekt Karl Moser das etwas zu gross geratene Kosthaus am Nordende des Parks, dem dann ein halbrundes Parterre vorgelagert wurde.

Bald folgten Jahrzehnte des Wildwuchses und der Verwahrlosung. Erst in den 1990er Jahren wurde begonnen, die Anlage schrittweise zu regenerieren. 2001 konnte der Park von den umliegenden Gemeinden übernommen werden und wird nun mit viel Engagement und nach klaren Prinzipien gepflegt. Park und Kosthaus stehen mittlerweile als Teil der Schönenwerder Industrielandschaft unter kantonalem Denkmalschutz.

Allein die Fläche des Parks, immerhin 10 ha, vermittelt dem Besucher ein Gefühl von Grosszügigkeit. Weite Flächen, dunkle Waldpartien sowie die stehenden und fliessenden Gewässer tragen die Handschrift des späten englischen Landschaftsparks. Geometrische Elemente rund um das Kosthaus, klug angelegte Sichtachsen und diverse Kleinarchitekturen sorgen für Aufmerksamkeit und geben dem Ganzen auch eine verspielte Note.

Die Wege

Ob man mit Auto, Bahn oder Velo anreist: Der Eingang zum Park befindet sich im Norden beim Kosthaus. Folgt man dem Weg links, gerät man zwischen Kanal und Bahnlinie in den noch rudimentär erhaltenen Teil der alten Anlage von 1868. Zu sehen sind allerdings nur noch ein ausgetrockneter Weiher und die Reste eines Alpengartens. Der rechtsseitige Industriekanal wurde 2003 von später eingefügten Dämmen befreit und darüber eine Brücke errichtet. In der Mitte der Brücke öffnet sich links eine besonders raffinierte Sichtachse: Am Ende des von Bäumen eingefassten Kanals wird – wie auf einem romantischen Stich – in der Ferne der Kirchturm von Gretzenbach sichtbar.

Nach der Brücke hält man sich links und hat den englischen Landschaftspark vor sich, wie er ab 1888 angelegt wurde. Hält man sich nach Süden, hat man links eine artenreiche Magerweise im Blick, während sich rechts eine gestaltete Weiherlandschaft mit reizvoll spiegelnder Wasseroberfläche hinzieht. Am gegenüberliegenden Ufer zeigt sich hinter einem Schilfgürtel der auf einem Hügel stehende chinesische Pavillon.

Weiter südlich stösst man auf eine künstliche Steingrotte mit oben aufgesetzter Kanzel, von der man mit einem Blick auf das Pfahlbaudorf überrascht wird. Diese auf Pfählen im Wasser stehenden Häuser aus Rute und Lehm wurden im Massstab 1:2 errichtet und sollten anschaulich an die Geschichte des Landes erinnern. Bally war nämlich fasziniert von den um 1850 entdeckten Pfahlbauten im Zürichsee und liess die Nachbildungen zur öffentlichen Anschauung in seinen Park einbauen. Sie sollten nicht nur ein Stimmungsbild erzeugen, sondern waren auch als belehrendes Element für die Arbeiterschaft gedacht.

Um auf die andere Seite der Teichlandschaft zu gelangen, folgt man dem Weg bis ans Ende des Parks. Hier gelangt man an die alte Aare, die nur noch 30 Prozent des Wassers führt, da die anderen 70 Prozent heute umgeleitet und für das Kraftwerk benötigt werden. Man biegt rechts ab und geht durch eine junge Eschenallee. Hier sind die Wege mit rotem Ziegelschrot bestreut, was diesem Teil des Parks einen romantischen Charakter verleiht.

Zwischen den Pfahlbauten und dem Aareufer befindet sich der dunkelste Teil des Parks mit Thuja, Eiben und verschiedenen anderen immergrünen Nadelbäumen. Dahinter folgt ein kleines Arboretum, was ursprünglich nur den Mitgliedern der Familie Bally zum Lustwandeln vorbehalten war. Erkennbar sind noch die geschwungenen Wege mit Kanten aus Flusskieseln, die Uferbefestigung mit geflochtenen Ästen und eine kleine, aus Felsbrocken errichtete Brücke, die das sogenannte „Dianabad“ vom grossen Weiher trennt. Hinzu kommen exotische Bäume, die von einem mächtigen kalifornischen Mammutbaum überragt werden. Daneben ist das Fundament jener Waldkapelle zu erkennen, die 1976 abgebrochen wurde. Nach dem Arboretum gelangt man zum chinesischen Pavillon, der auf einem künstlich angelegten Hügel errichtet wurde. Zurück am Uferweg der Aare lädt unter einem schönen Trompetenbaum ein Rondell mit Bank zum Verweilen ein. Der Blick geht über die Aare hinüber zur alten Schlosskirche von Niedergösgen.

Schliesslich führt eine Steinbrücke zwischen dem Schlittschuhweiher im Norden und dem grossen Weiher im Süden auf die Wegkreuzung, von der aus man wieder zum Kosthaus gelangt. Und spätestens jetzt realisiert man, dass dieses Gebäude zu wuchtig geraten ist. Um diesen Eindruck zu mildern, liess man als eine Art Weichzeichner Blumenparterres und zu Kugeln geschnittene Buchsträucher anbringen. Und die Bänke sind mit dem Rücken zum Gebäude ausgerichtet, so dass der Blick noch einmal auf den Park mit seinen gegensätzlichen Stimmungen fällt: Die offene Wiesenfläche mit den hellen Birken vermittelt das Gefühl von Freude und Leichtigkeit. Der dunkle, waldartige Bereich hingegen lässt eher Melancholie aufkommen. Alles in allem ist der Bally-Park eine Symbiose von idyllischer Landschaft, idealisierter Vergangenheit und industrieller Gegenwart.

Adresse

5012 Schönenwerd/ SO, Parkstrasse
Frei zugänglich. Eintritt frei